Peru

Nach einer weiteren Woche in La Paz (die Garage von Ernesto ist zu unserer zweiten Heimat geworden) geht es endlich nach Peru. Die neuen vorderen Blattfedern hatten sich als zu weich herausgestellt und so bekamen wir neue. Auch haben wir zuvor auf den 5. Juni eine Galapagosreise gebucht und nach vielen Monaten verspürten wir erstmals wieder so etwas wie Stress. Vier Wochen für Peru; das wird knapp!

 

Entlang des Titicacasees fahren wir über die Grenze, die Behörden sind freundlich uns hilfsbereit, mit einem Auge wird der Fussballmatch am Fernseher verfolgt und mit dem anderen die Stempel in den Pass gedrückt. Listo – wir sind in Peru! Erstes Ziel sind die Islas Flotantes auf dem Titicacasee. Noch heute leben etliche Familien der Uros auf diesen schwimmenden Inseln, mittlerweile mit Solaranlagen ausgestattet. Die Tour war uns zu touristisch, wir fühlten uns nicht wohl. Spannend fanden wir die Konstruktionen der Häuser und Boote aus Schilfgras.

Am nächsten Tag besuchen wir die Grabstätte Sillustani, mit 12 Grabtürmen (Chullpas), welche ca. 1000 n.C. erbaut wurden, um die Könige und Würdenträger des Stammes der Colla zu begraben. In Pflanzenfasern eingeschnürt wurden die Verstorbenen in fötaler Haltung auf ihre letzte Reise geschickt. Ihre Körper blieben aufgrund der trockenen und kalten Luft über Jahrhunderte erhalten. Oft wurden auch die Habseligkeiten des Verstorbenen, Nahrung für das Leben nach dem Tod und sogar Diener mit in die Chullpa eingemauert.

Dann geht’s weiter in die wunderschöne Stadt Cuzco. Unterwegs bemerken wir dank unserem Sensor an den Ventilen, dass wir in einem Reifen stetig etwas Luft verlieren. In einer Reifenwerkstatt auf dem Weg wird mit viel Kraft und erfahrener Technik der Reifen von der Felge gezogen und wir stellen fest, dass wir einen Riss in der Felge haben. Kein Problem, das wird geschweisst und eine Stunde später rollen wir bereits wieder Richtung Norden. Leider hält die Schweissnaht nicht lange und so gilt unser erster Besuch in Cuzco einer Garage. Zum Glück konnte man dort für uns einen identischen Felgen auftreiben und wir hoffen, dass wir nun in der kommenden Zeit Autogaragen von unserer Liste der Sehenswürdigkeiten streichen können! Cuzco gefällt uns sehr gut, eine wunderschöne Stadt! Dort tauchen wir auch zum ersten Mal in die Welt der Inkas ein. Etwas ausserhalb besuchen wir die Ruinen Sacsayhuamán aus dem 15. Jahrhundert. Beeindruckend, wie grosse Steinbrocken präzise und fugenlos aneinandergebaut wurden.

Der berühmte Machu Picchu ist unser nächstes Ziel und um dorthin zu gelangen, fahren wir durch das heilige Tal oder Tal der Incas mit seinen vielen interessanten Sehenswürdigkeiten.

Via Santa Teresa erreichen wir Hydra Electrica und von dort geht’s zu Fuss nach Aguas Calientes, der Ausgangsort zum Machu Picchu. Täglich dürfen „nur“ 2500 Personen die gut erhaltene Ruinenstadt der Inkas besuchen. Tickets müssen zum voraus reserviert und gekauft werden. Morgens um 5 Uhr machen wir uns, wie so viele andere auch, auf den Marsch nach oben mit der Hoffnung, vor dem grossen Menschenandrang die ersten Blicke und Fotos auf den Machu Picchu werfen zu können. Die Stadt liegt auf 2360 Meter und beherbergte einstmals über 1000 Menschen. Wir spazieren durch die Ruinen und besichtigen verschiedene Bauten. Mit jeder Minute treffen mehr Touristen ein und wir machen uns nach ein paar Stunden wieder auf den Rückmarsch, schliesslich haben wir noch ein paar Stunden Fussmarsch vor uns. Der Funken der berühmten Magie des Machu Picchu ist leider nicht ganz zu uns übergesprungen, dazu hatte es für unseren Geschmack einfach zu viele Menschen. Aber den Besuch und Anblick des Machu Picchu hätten wir dennoch nicht missen wollen!

Für den Rückweg von Santa Teresa nach Cuzco sind wir extra früh aufgestanden. Das hat sich leider nicht gelohnt. Unterwegs wurde die Strasse wegen eines kurz zuvor niedergegangenen Steinschlags gesperrt und so durften wir zuschauen, wie der routinierte Baggerfahrer die riesigen Steinbrocken von der Strasse räumte. Das ging eigentlich ratzfatz, nur konnten sich danach die Autofahrer aus beiden Richtungen nicht einigen, wer als Erster passieren darf  - eine weitere Episode des peruanischen Strassenverkehrs, dazu später mehr...

Zurück in Cuzco treffen wir auf dem Campingplatz alte und neue Gesichter; nur ungern ziehen wir am nächsten Tag weiter Richtung Nazca, aber die Zeit läuft uns etwas davon.

Am Flughafen in Nazca wollten wir uns eigentlich nur über die Rundflüge informieren; 15 Minuten später sitzen wir bereits im kleinen Sportflugzeug. Aus der Höhe hat man die beste Sicht auf die Nazca Linien, riesige, bis zu 100 Meter grosse Geoglyphen, welche zwischen 800 bis 600 v.Ch. von der Nazca-Kultur angelegt wurden. Damit alle 5 Passagiere einen guten Blick auf die Zeichnungen bekamen, schwenkte das Flugzeug mal stark nach rechts und dann nach links, die Gesichter der Passagiere wurden immer bleicher und alle waren froh, nach 40 Minuten wieder Boden unter den Füssen zu haben. Das Abendessen wurde gestrichen.

Am nächsten Tag geht’s Richtung Küste, vorher ein kurzer Zwischenstopp in der Oase Huacachina. Dann fahren wir in den Nationalpark Paracas, eine Halbinsel mit wunderschöner Dünenlandschaft. Dani kann es natürlich nicht lassen und so fahren wir Dünen auf und ab, je höher desto besser...

Von der Küste stechen wir wieder ins Landesinnere Perus zur Cordillera Blanca, von Meereshöhe hinauf auf 3200 Meter. Wir entscheiden uns für einen Loop abseits von der Hauptstrasse und so kurven wir während vier Tagen durch eine abgelegene Gegend, fahren durch kleine Dörfer mit staunenden Bewohnern, kurvenreichen Bergstrassen und besuchen interessante Ruinen. Leider hatten wir kein Wetterglück und so blieben die weissen Bergspitzen der 50 über 5700 Meter hohen Bergen in grauen Wolken verhüllt. Bei schönem Wetter ist diese Gegend ein Bergsteigerparadies! Durch den Canon de Pato (Entenschlucht), eine spektakuläre einspurige Strasse mit 38 Tunneln, geht’s wieder zurück an die Küste.

Wir besuchen die Lehmstadt Chan Chan des präkolumbischen Chimu-Reiches, welche um 1300 über 60'000 Einwohner beherbergte.

Auf dem Weg Richtung Norden besuchen wir in Pollac eine wunderschöne Mosaikkirche. Sie ist in keinem Reiseführer beschrieben und nur dank einem Tipp von anderen Reisenden durften wir dieses Kunstwerk bestaunen.

Ein letztes Ziel in Peru sind die Ruinen von Kuelap, welche (noch) wenig besucht sind aber allemal mit dem Machu Picchu mithalten können. Bei der Anfahrt sehen wir, dass gerade eine Gondelbahn hinauf gebaut wird, so wird man wohl bald nicht mehr die Ruhe und Verlassenheit geniessen können. Kuelap ist eine Festung der Chachapoya mit runden Häusern und wurde zwischen 800 und 1300 n.Chr. gebaut.

Ganz in der Nähe von Kuelap befinden sich die Sarkophage von Karajia. Hier wurden vermutlich die Fürsten der Chachapoya bestattet. Die in Hockstellung befindlichen, durch die gleich bleibenden Temperaturen gut erhaltenen Mumien innerhalb der Sarkophage blicken in Richtung Osten und damit in Richtung Sonnenaufgang, vermutlich weil die aufgehende Sonne Symbol für das Leben und infolge auch für das Leben nach dem Tod ist.

Ja, und damit ist unsere Reise in Peru zu Ende. Dieses Land ist unendlich spannend und die Leute sehr nett – ausser wenn sie hinter dem Steuer sitzen. In den vergangenen vier Wochen haben sich unsere Schutzengel täglich heftig für uns eingesetzt und manche Situationen waren richtig brenzlig. Die Taxitöffli in den grösseren Orten waren einfach nur lästig und nervenaufreibend, so richtig gefährlich waren Bus- und Lastwagenfahrer. Sie fahren mit dem Glauben, dass einem durch das Hupen nichts passieren kann; also zuerst hupen, dann (vielleicht) bremsen. Um die Kurve kommt man gewöhnlich auf der Gegenfahrbahn und das natürlich so schnell wie möglich. Licht am Auto schadet den Batterien, darum wird auch nachts ohne Scheinwerfer gefahren. Wir haben uns nach fast einem Jahr mittlerweile an das südamerikanische Temperament auf der Strasse gewöhnt – aber die Peruaner sind mit Abstand die gefährlichste Spezies hinter dem Lenkrad!

 

Ach ja, und zu guter Letzt werden wir nach einem Überholmanöver von der Polizei heraus gewunken. Wir haben die doppelte Sicherheitslinie überfahren und bekommen ordentlich die Leviten gelesen, wie gefährlich das sei. Schnell wird das Bussenheft gezückt, unser Vergehen ist schon gelb markiert. Die Busse beträgt happige 120 Franken und dazu muss ein ellenlanges Protokoll ausgefüllt werden. Beim Punkt Adresse gibts ein Problem, denn wir haben keine in Peru. 

Polizist: "Können wir denn dieses Problem nicht anders lösen?".

Wir: "Nein, wir haben nur eine Adresse in der Schweiz". 

Polizist: "Wie wär's ohne Protokoll aber in Cash? Wieviele Soles habt ihr denn dabei?"

Wir: "maximal hundert?" (30 Franken)

Polizist: "Nimm doch deine Dokumente aus meinem Mäppchen und leg dafür den Schein hinein"

Wir: "okay?..."

Polizist: "Na dann, gute Fahrt und passt auf, es gibt viele schlechte Menschen in Peru!*